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Martina Bachler
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Natur

Heiss, heisser, Hitzestress

Wenn es heiß ist, spannen wir den Sonnenschirm auf und trinken kaltes, klares Wasser. Wenn es sehr, sehr heiß ist, ziehen wir uns ins kühle Haus zurück, suchen Abkühlung im Wasser oder im Wald. Aber was machen Bäume? Sie haben überraschend gute Strategien, um mit Hitze und Trockenheit zurechtzukommen. Doch manchmal gelangen sie an ihre Grenzen.

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Wer in den langen Corona-Wochen in den Wald gegangen ist, hat wahrscheinlich auch bemerkt, dass der Boden, der eigentlich saftig, lehmig und locker sein sollte, staubig wie im Spätssommer war. Auf den schneearmen Winter ist ein trockener Frühling gefolgt. Durchschnittlich gab es heuer bis Ende April um 50 Prozent zu wenig Niederschlag, in manchen Gegenden waren es sogar 80 Prozent. Der nasse Mai hat nur stellenweise für Erleichterung gesorgt. Weil das alles auch ein Vorbote für einen trockenen Sommer ist, heißt das: Alarm! Pflanzen brauchen Wasser, aber das fällt offenbar auch nicht mehr einfach so vom Himmel.

Nur: Wie machen das eigentlich Bäume, die im Regelfall niemand gießt? Welche Strategien haben Lebewesen, von denen manche älter sind, als unsere Temperaturaufzeichnungen zurückreichen, um mit trockenen Perioden umzugehen? Zusammenpacken und dorthin ziehen, wo es kühler und feuchter wäre, ist ja keine Option. Hitze und Trockenheit setzen Bäumen vor allem deshalb zu, weil sie ihren Wasserhaushalt durcheinanderbringen. Wasser ist für sie genauso lebensnotwendig wie die Sonne und das Kohlendioxid, das sie mit der Photosynthese in Zucker und Sauerstoff umwandeln.

Kritisch wird das alles, sobald es oben richtig heiss ist und es unten, im Boden, nur mehr sehr wenig wasser gibt. Dann ist der Druck kaum auszuhalten.

Ein gefinkeltes System aus Leitbahnen führt es mit den gelösten Mineralstoffen von der Wurzel durch den Stamm senkrecht hinauf, hinein in die Äste und Blätter, an deren Oberfläche es verdunstet. Durch diese Verdunstung entsteht ein Sog, der das Wasser nach oben zieht. Je heißer und trockener die Luft, desto mehr. An heißen Tagen braucht eine Buche oder eine Birke zum Beispiel bis zu 400 Liter Wasser, an normalen Tagen sind es bis zu 70 Liter.

Kritisch wird das alles, sobald es oben richtig heiß ist und es unten, im Boden, nur mehr sehr wenig Wasser gibt. Dann ist dieser Druck kaum auszuhalten. Die erste Strategie, um mit Trockenheit umzugehen, lautet daher: Wasser sparen. Die Bäume schließen die Spaltöffnungen ihrer Blätter und Nadeln, um die Verdunstung zu stoppen. Das hat aber den Preis, dass dann auch die Photosynthese aussetzt und somit Nachschub an Zucker fehlt. „Das ist für eine Pflanze aber eine ganz all- tägliche, normale Reaktion, und die Folge davon ist, dass sie langsamer wächst“, sagt Peter Hietz vom Institut für Botanik an der Universität für Bodenkultur in Wien.

Bei Trockenheit zieht sich der Baum förmlich zusammen und dehnt sich erst wieder aus, wenn der Flüssigkeitshaushalt wiederhergestellt ist. Das haben Forscher in einem gemeinsamen Projekt von Umweltbundesamt und Öster- reichischen Bundesforsten (ÖBf) am Forschungsstandort Zöbelboden in den oberösterreichischen Kalkalpen kürzlich mithilfe von sehr sensiblen Baumumfangssensoren herausgefunden. Und man kann es auch an der Dicke der Jahresringe ablesen.

Dass Bäume langsamer wachsen, ist das eine. Wirklich kritisch wird es erst, wenn der Stresszustand mit geschlossenen Spaltöffnungen wirklich lange anhält. Theoretisch kann die Pflanze verhungern, wenn sie keinen Zucker produziert. Wenn sie aber weitermacht, obwohl ihr Wasser fehlt, verdurstet sie. An der Universität Basel hat ein Forscherteam im Hitzesommer 2018 quasi in Echtzeit nachgewiesen, dass die paar Bäume, die es in ihrem Mischwald tatsächlich nicht über den Sommer geschafft haben, verdurstet und nicht verhungert sind.

Mit der Trockenheit hat auch die Saugspannung in den Leitbahnen der Stämme zugenommen, bis sie auf einem kritischen Niveau verharrte. Dann brach sie bei einigen Bäumen plötzlich ein. Die feinen Röhrchen im Leitsystem haben den Stress nicht mehr ausgehalten. Erwischt hat es lauter Fichten. Ihr Gewebe war schon von vielen anderen extremen Wetterereignissen geschwächt.

Noch stellt das Absterben aber die Ausnahme und nicht die Regel dar. In einer früheren Studie am gleichen Ort fanden die Forscher heraus, dass die geschlossenen Spaltöffnungen meist ausreichten, um die heiße Trockenheit zu überstehen. „Es sind zunächst immer einzelne Bäume geschädigt, nur selten stirbt wirklich ein ganzer Wald“, sagt auch Peter Hietz von der BOKU.

Bevor es aber wirklich eng wird, haben Bäume noch ein paar weitere Notmaßnahmen in petto. Bei extremer Hitze und Trockenheit werfen etwa Eichen, Weiden und Pappeln manchmal ganze Äste ab, allerdings so gut vorbereitet, dass die Wunden am Baum sofort verschlossen sind. Andere verkleinern ihre Baumkrone, radikal macht das zum Beispiel die Birke. In den vergangenen Jahren hat man immer wieder beobachten können, wie etwa auch bei Buchen schon im Juli und August die Herbstfarben einzogen und kurz darauf die Blätter auf dem Boden lagen. „Die Bäume machen das in der Regel aber erst, wenn sie schon die Knospen fürs nächste Jahr angelegt haben“, sagt Monika Kanzian, die bei den ÖBf Forschung und Entwicklung koordiniert. Die Obstbäume wiederum geben zuallererst ihre Früchte auf, um Wasser zu sparen. All das sind oft Zeichen dafür, dass hier die Notbremse gezogen wird: Wenig Wasser, weniger Blätter, weniger Früchte, weniger Wachstum. Ein Baum im Sparmodus also, um irgendwie mit den Reserven durchzukommen.

„Wenn Blätter und Zweige absterben, können sich Bäume wieder ganz gut regenerieren, und wenn im nächsten Jahr wieder genug Wasser da ist, treiben neue Triebe aus“, sagt BOKU-Professor Hietz. Wenn allerdings auch im Jahr darauf alles trocken und warm ist, kann sich der Stress wieder erhöhen.

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Sie haben es leider nicht geschafft: Trotz der guten Strategien wird es bei Extremtemperaturen für manche zu viel.

Eine zweite Strategie, um mit wenig Wasser auszukommen, setzt bei den Wurzeln an. „Ein gestresster Baum investiert die Energie, die er bei Trockenheit oberirdisch einspart, ins Ausweiten des Wurzelnetzes“, sagt Monika Kanzian. Die Feinwurzeln wachsen immer dort stärker, wo mehr Wasser ist. Große Sprünge schaffen aber auch sie nicht.

Die dritte Strategie der Bäume wiederum ist schon etwas längerfristig ausgerichtet. Wissenschaftler der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft in der Schweiz haben erstmals nachgewiesen, dass Bäume, die Krisen wie eine Dürre erlebt haben, diese Information an ihre Nachkommen weitergeben. Über fünfzehn Jahre lang hat das Team um Arthur Gessler deshalb 100-jährige Waldkiefern im Schweizer Gebirgskanton Wallis an einem sehr trockenen Standort einem Experiment ausgesetzt. Ein Teil der Bäume wurde unter normalen, trockenen Bedingungen gelassen, der andere so bewässert, dass sich der natürliche Niederschlag verdoppelte. Sie sammelten die Zapfen ein, ließen die Samen keimen und schauten, wie sich die Jungpflanzen je nach Umgebung entwickelten. Und tatsächlich: Die Nachkommen der Bäume, deren Mütter auf Trockenheit getrimmt waren, kamen ebenfalls besser damit zurecht. „Sie sind von Anfang an auf diese Situation vorbereitet, aber wir müssen erst herausfinden, ob die Setzlinge diese Information langfristig behalten oder auch irgendwann wieder vergessen“, sagt der Wissenschaftler. Denn die Gene der Bäume haben sich nicht geändert, nur ihr für Trockenresistenz wichtiger Teil wurde quasi aktiviert. „Als ob die Eltern das für ihre Kinder im Text der genetischen Information extra angestrichen hätten.“

Gerade für Setzlinge ist die Trockenheit eine große Herausforderung. Sie haben ihre Wurzeln noch nicht voll ausgebildet und sie sind der Sonne oft schutzlos ausgesetzt. „Man muss sich überlegen, ob man in besonders trockenen Jahren überhaupt Waldbäume nachpflanzt“, sagt Peter Hietz. Generell aber zeigte sich in den vergangenen Jahren, dass eher ältere Bäume unter Hitze und Trockenheit litten, nicht zuletzt, weil ihre Stämme lang und die Kronen groß sind.

Es ist denkbar, dass bäume techniken entwickeln, wie sie ihre samen weit genug schicken, um ihre Nachkommen in kühlere Gegenden zu verpflanzen.

Eine vierte Strategie der Bäume, um mit Hitze und Trockenheit umzugehen, gibt es auch, sie ist allerdings besonders langfristig ausgerichtet. So langfristig, dass sie mit dem Tempo der Erderwärmung nicht mithalten kann: die evolutionäre Anpassung. Es ist denkbar, dass Bäume Techniken entwickeln, wie sie ihre Samen weit genug schicken, um ihre Nachkommen in kühlere Gegenden zu verpflanzen. Auch dass sie ihre Kronen verkleinern und stattdessen auf das Wachstum der Wurzeln setzen, ist vorstellbar. Bäume in wärmeren Weltgegenden machen das vor. 

Bei manchen von ihnen wird gerade getestet, ob sie auch bei uns wachsen können, obwohl sie mit anderen Böden, anderen Baumnachbarn und mit harten Frösten rechnen müssen. „Es gibt noch kein Allheilmittel, aber es wird gerade sehr viel geforscht, um dieser Herausforderung zu begegnen“, sagt Monika Kanzian von den ÖBf. Die Genetik von Bäumen mit unterschiedlicher Herkunft wird dabei genauso untersucht wie der praktische Versuch, unterschiedliche Arten in unterschiedlichen Gegenden zu pflanzen. „Vor allem aber“, so Kanzian weiter, „setzen wir momentan darauf, durch Mischwälder das Risiko zu minimieren, dass ganze Wälder gestresst werden.“

Für Entspannung sorgt einstweilen aber vor allem eines: Regen. Denn sobald der Boden wieder nass ist, sobald es wieder Wasser gibt, springt das Wassersystem der Bäume sofort wieder an. Ein physikalisches Wunderwerk, das das Wasser, das vom Himmel fiel, wieder senkrecht nach oben zieht.

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Martina Bachler
mag die Hitze auch nur mehr in kleinen Dosen. Und erträgt sie nur mit der gleichen Strategie, die auch Bäume verfolgen: Mit sehr viel Wasser.

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