Zeig mir deinen Ofen und ich sag dir, wer du bist 

Manche lieben ihn schon seit Jahren, bei anderen stand er als Überbleibsel der Vergangenheit herum, jetzt aber ist er beliebt wie ewig nicht mehr: Der Holzofen. Zu Besuch bei Menschen, die heizen. Und zwar selbst.

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In einem Ofen hat ganz schön viel Platz. Zwei Keyboards, das Tenniszeug oder eine Sammlung von Videos aus den 1990er Jahren? Für so einen Ofen im Eck ist das gar kein Problem, das hat Martin Johnny Bauer vor ein paar Jahren festgestellt, als er in eine Altbauwohnung in Wien-Wieden zog, vielleicht hat er aber auch einfach ein Auge dafür, wo Platz für Sachen ist, die sonst nur im Weg herumstehen würden, der Mann studiert nämlich Architektur. Vor ein paar Wochen hat er das Zeug aber wieder herausgeholt. In diesem Winter ist ein Ofen nämlich zum Heizen da, weil das Gas teuer und knapp und in der Ukraine auch noch Krieg ist.

„Ich komme von einem Bauernhof in Oberösterreich und dort gibt es genug Holz, das wir verfeuern können“, sagt Bauer. Dass der Ofen Ende November immer noch nicht in Betrieb war, liegt also nicht am Nachschub an Heizbarem, sondern am Mangel an Rauchfangkehrern: „Der Ansturm ist offenbar so riesig, dass wir erst jetzt, Ende November, einen Termin bekommen haben.“ Erst jetzt also können die Experten überprüfen, ob die Kamine funktionieren, ob die Rohre dicht sind und die Abzugsschächt­e frei. Die Abgase, die beim Heizen entstehen, sollen schließlich raus aus der Wohnung finden. Nur die Wärme, die soll bleiben.

So wie Bauer geht es gerade vielen Menschen, auch wenn sie nicht in Wien und im Altbau wohnen, sondern auf dem Land und im eigenen Haus. Gerad­e dort ist der Holzofen in den vergangenen Jahren eine Art Lifestyle geworden, eine Ausstattung für Menschen, die seine Wärme schätzen, aber auch den Geruch von brennendem Holz, das Knistern, wenn es aufflackert, das Rot der Glut und ganz generell das archaische Ritual des Heizens. Sogar das Warten darauf, bis die Wärme sich wirklich ausbreitet, gehört dazu.

Ein Ofen, das ist mehr als nur eine Wärmequelle. Wer einen hat, der freut sich vielleicht darüber, dass er die Flammen sieht, die unbeeindruckt von allen ökonomischen Dingen vor sich hin flackern und eine ungemein beruhigende Wirkung haben – nicht umsonst gibt es sie ja auch als Bildschirmschoner für gestresste Manager, auch für solche aus der Gas- und E-Wirtschaft.

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Wer einen Ofen hat, der fühlt sich oft  an die Kindheit erinnert, an die wirklich kalten Winter, die vereisten Fingerkuppen und das traumhaft schöne Gefühl, wenn man dann die steifen Handschuhe und Socken auf den Ofen legen konnte und sich selbst auf die Bank. So richtig geheizt haben damit jedoch die wenigsten. Der Holzofen war eher die Zugabe, wenn es ohnehin schon warm geworden war. 

In diesem Winter ist das aber anders. In diesem Winter bleiben Menschen wie Florian Altmüller und seine Frau, die sich schon 1997 einen Kachelofen ins Haus bauten, weil sie seine wohlige Wärme schätzen, die Ausnahme. Dafür werden Menschen wie Martin Johnny Bauer, die schnell eine Lösung möchten, zur Regel. Wobei schnell eine relative Größe ist, wenn es um Holzöfen geht. Ein Ofen ist ja kein Laptop, den man einfach aufklappt und anschließt. 

Einer, der das sehr genau weiß, ist Thomas Schiffert, der Geschäftsführer des Österreichischen Kachelofenverbands. „In den vergangenen Jahren wurden rund 10.000 neue Öfen pro Jahr gebaut, heuer werden es 15.000 sein“, sagt Schiffert. Er glaubt, dass das daran liegt, dass sich die Rechnung geändert hat. Ein Kachelofen kostet 9.000 Euro und mehr. Im laufenden Betrieb würde sich das schnell rentieren, sagt Schiffert: Bei einem Einfamilienhaus mit 200 Quadratmetern kommt er auf Heizkosten von 1.232 Euro, falls man mit Brennholz heizt. Bei Erdgas käme man auf 3.917 Euro, mit Strom sogar auf 7.160 Euro. Also auch wenn die Holzpreise ebenfalls gestiegen sind, im Vergleich zu den Alternativen ist es immer noch günstig. Und zwar selbst dann, wenn man sich nicht so wie Florian Altmüller das Holz aus dem eigenen Wald hinterm Haus holen kann. Im Herbst sah es kurzfristig anders aus, da wirkte es so, als gäbe es zu wenig Holz. Oft war es ausverkauft, oft waren die Preise so hoch, dass es einem durch die aufkochende Wut auch irgendwie warm geworden ist. „Die Menschen haben aus einer gewissen Angst heraus mehr eingekauft, als sie eigentlich gebraucht hätten“, sagt Wolfgang Holzer, der bei den Österreichischen Bundesforsten (ÖBf) den Bereich Holz, Technik und Einkauf leitet. Mittlerweile hat sich die Lage aber wieder entspannt, der Preis für Brennholz und Pellets ist gesunken.

Schnell für Nachschub sorgen hätte die Holzindustrie aber sowieso nicht können: Brennholz muss zwei Jahre getrocknet werden. Außerdem ist auch gar nicht klar, ob das so gescheit gewesen wäre. Die ÖBf zum Beispiel entnehmen nur so viel Holz, wie auch wieder nachwächst. Wird aber mehr Holz verbrannt, wird auch mehr  Kohlendioxid frei und es müsste also noch mehr Wald nachwachsen, damit die Klima­bilanz nicht ins Wanken gerät. Auch Feinstaub, Methan, Lachgas und Ruß können entstehen, speziell wenn die Öfen nicht gut in Form sind, alt und schlecht gewartet oder auch schlecht beheizt.

 

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Apropos Form: Es ist gar nicht leicht, einen guten Ofen zu bauen. In Österreich gibt es noch rund 600 Hafner, also Menschen, die diese Handarbeit beherrschen. Einer von ihnen ist Felix Winkler aus Wien, der mit seinem Partner Robert Krotz die Firma Ofenkörper Off & Go führt. In ihrem  Atelier auf der Wiener Landstraßer Hauptstraße haben die beiden bisher rund 1.000 Kachelöfen gefertigt und dabei schon sehr viel gesehen. Also: Wie modern soll so ein Ofen sein?

Er sollte zuallererst zeitlos sein, sagt Winkler. Schließlich bleibt er in der Regel doch ein paar Jahrzehnte an einem Ort stehen, er ist also ein Möbelstück, das viele Geschmäcker treffen sollte. Nicht jeder Ofen will schließlich als Möbellager benützt werden, so wie bei Martin Bauer in der Altbauwohnung in Wien.

Wie lange ein Holzofen die Zeit tatsächlich überdauern kann, lässt sich im Schloss Lamberg in Steyr besichtigen. In den barocken Räumlichkeiten stehe­n mehrere Öfen aus der Empire-Zeit, also aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts. Damals lebten hier der Reihe nach die Grafen von Lamberg, eine Dynastie von Großgrundbesitzern, die vor allem mit Wäldern und Forstwirtschaft im oberösterreichischen Ennstal ihr Geld machten. Die Öfen waren damals Zierde der Prunkräume, beheizt wurden sie aber von kleinen Nebenräumen aus, damit sich die Besitzer durch die heizenden Bediensteten nicht gestört fühlten. 

Heute wird das Schloss von den Bundesforsten verwaltet, die Prunkräume werden für Hochzeiten, Konferenzen und Events vermietet. „Die Öfen werden zwar heut­e nicht mehr beheizt, aber sie sind trotzdem sehr beeindruckend“, sagt Silvie Somasgutner, zuständig für Eventmanagement auf Schloss Lamberg. 

Doch es gibt noch ganz andere Gründe für einen Holzofen. Einer davon: Schweinsbraten. Weil ihre Großmutter das traditionelle Sonntagsgericht immer im Holzofen zubereitete und es deshalb so besonders gut schmeckte, hat Sarah Oberleitner sich entschieden, diese Kindheitserinnerungen wieder aufleben zu lassen. Dies­e Holzöfen liegen derzeit besonders im Trend, weil man mit ihnen nicht nur heizen, sondern auch backen und kochen kann. 

Gibt es ein Blackout oder eine ander­e Katastrophe, dann bleibt zumindest die Küche nicht kalt.

Und das ist ja auch schon was. 

 

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Barbara Nothegger 

wuchs mit einem grünen Kachelofen auf und erinnert sich noch heute an das wohlige Gefühl, auf dem Ofenbankerl zu liegen und sich die Füße an den warmen Kacheln zu wärmen.

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