Geht ein WALD zum Friseur
Sobald der Schnee verschwindet, rücken die Mountainbiker aus und brettern durch die Wälder, als gäbe es kein Morgen. In immer mehr Tourismusgemeinden werden deswegen Bike-Parks und Trails gebaut. Doch wie funktioniert das eigentlich?

Was macht einen Mountainbike-Trail eigentlich zu einem richtig guten Mountainbike-Trail? Wie viele Drops und Kicker braucht er? Wie atemberaubend sollen die Northshores sein, also die Holzkonstruktionen, die manchmal wie Stufen aussehen und dann wieder wie Steilkurven? Und wird der Trail eine einzige Sprungschanzen-Parade, also eine Abfahrt, bei der richtige Downhiller öfter in der Luft als am Boden sind, oder bleibt er doch eher flowig, also sanft dem Gelände angepasst, sodass man selbst als vergleichsweise ungeübter Laie einfach ganz entspannt den Berg runterfährt, flowt? Es ist gar nicht so einfach, darauf eine Antwort zu finden. Aber man kann es zumindest einmal probieren.
In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Menschen, die sich auf Mountainbikes setzen und damit in den Wald abrauschen, stetig gestiegen. Nach Wandern und Skifahren ist Mountainbiking mittlerweile die drittbeliebteste Sportart in den heimischen Wäldern und Bergen. Und längst geht es beim Biken nicht mehr nur darum, auf Schotterwegen zu irgendwelchen Almhütten hochzuradeln und dort Pause zu machen – Biker von heute brauchen auch bei den Abfahrten den Kick und möglichst spektakuläre Trails. Und das ist dann der Moment, in dem Menschen wie Peter Agner die Szene betreten.

Agner ist Spezialist in der Abteilung Dienstleistungen bei den Österreichischen Bundesforsten und der Mann für Trails. Er betreut jene Strecken, die in Salzburg, Tirol und Kärnten auf Bundesforste-Gebiet entstehen, aktuell arbeitet er allein in Salzburg an fünf Projekten. Eines davon ist der geplante Singletrail auf dem Gaisberg, dem Hausberg Salzburgs. In Zukunft sollen sich hier fortgeschrittene Biker:innen auspowern, es wird einfachere Streckenabschnitte und anspruchsvollere geben.
Aber bis so eine Strecke eröffnet werden kann, braucht es genaue Planung und Überlegungen, denn nicht jede gewünschte Trailstrecke kann überall realisiert werden. Man könnte sagen, dass es so etwas wie einen Vier-Phasen-Plan gibt, an den sich Peter Agner und sein Team bei jedem neuen Projekt halten. Das beginnt bei der Definition der Zielgruppe, geht weiter zur Frage, ob die geplanten Bauten technisch überhaupt machbar sind, führt zu Fragen des Naturschutzes und endet dann bei der genauen Planung und Umsetzung des Projekts.
„Wir sehen uns an, was im jeweiligen Gelände wirklich machbar ist. Wir schauen, wo die attraktiven Trails realisierbar wären, wo wir ausweichen müssen, weil es geschützter Bereich ist, und wo es aufgrund von Feuchtbereichen Brücken und Stege aus Holz braucht“, so Agner. Der Gaisberg zum Beispiel eignet sich gut für einen Trail, weil er viele Altbaumbestände aufweist und daher der erforderliche Eingriff minimiert werden kann. Es gibt wenig Feuchtgebiete, dementsprechend muss auch nicht in Holzbrücken investiert werden.

Ist das alles einmal geklärt, geht es mit den Abstimmungen los, denn bei solchen Projekten haben meistens viele Menschen mitzureden, je nachdem, wie viele Grundeigentümer:innen betroffen sind und welche sonstigen rechtlichen Interessen bestehen. Das kann sich schon über mehrere Jahre hinziehen, man braucht Genehmigungen, es kommt zu Begehungen und am Ende werden die Streckenverläufe mit Bändern und Sprays markiert. „Wir erstellen Pläne und Einreichunterlagen, Antragsformulare, prüfen, welche Forst- und Naturschutzbelange betroffen sind.“ Liegen die erforderlichen Genehmigungen vor und der Trail erhält das „Go“ für den Bau, werden die sogenannten „Shaper“ aktiv, so wie Roland Hofer von „Shape Syndikate“ einer ist. Hofer und sein Team rücken aus, wenn es ernst wird, sie sind die, die die Trails von Hand bauen. Dabei wird darauf geachtet, so wenige Maschinen wie möglich einzusetzen – ein Großteil der Trails wird also von Hand angelegt. Am Gaisberg zum Beispiel wird im oberen Bereich Schotter mit bindigem Material gemischt, damit die Bedingungen ideal sind, der Boden nicht wegrutscht und die Fahrbahn überhaupt befahrbar wird.

Beim Bau wird kleinräumig gearbeitet, Bäumen ausgewichen, vereinzelt werden Wurzelstöcke entfernt. Während so eines Projekts liegt die ökologische Bauaufsicht die ganze Zeit bei den ÖBf, also bei Peter Agner und seinem Team. Denn das Wichtigste ist, bei der Umsetzung so wenig wie möglich in die Natur einzugreifen. Auch das macht einen richtig guten Mountainbike-Trail nämlich aus. Und wenn sich die Biker:innen dann noch an die „Fair Play“-Regeln halten, also Rücksicht auf Wanderer und Natur nehmen und nur zu den erlaubten Zeiten dort fahren, wo sie auch dürfen, ist das ideal.

Sandra Jungmann
ist noch nie einen Mountainbike-Trail hinuntergefahren, hat aber ihrer sechsjährigen Tochter schon dabei zugesehen.
Und war beeindruckt, wie furchtlos sie dabei war.